EU-Regulierung: AMLR, MiCAR & DAC8 erklärt
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Was Bitcoin-Zahlungen in der Praxis bedeuten
In den letzten Wochen machten wieder zahlreiche Fehlmeldungen über das EU-Anti-Geldwäsche-Paket (AMLR) die Runde.
Man las von einem angeblichen „Ausweiszwang bei jeder Bitcoin-Transaktion“ oder gar dem Ende von Peer-to-Peer-Zahlungen in Europa.
Doch was steckt wirklich dahinter?
Und was bedeutet das alles konkret für Bitcoin-Zahlungen im Alltag – also für Zahler und Händler?
Zeit also, die Fakten klarzustellen und dabei gleich den größeren Zusammenhang mit MiCAR und DAC8 zu erklären und warum Self-Custody heute wichtiger ist denn je.
MiCAR, AMLR & DAC8 – Das neue EU-Krypto-Dreieck
Drei neue EU-Gesetzespakete greifen künftig ineinander:
| Regelwerk | Fokus | Betroffene |
|---|---|---|
| MiCAR (Markets in Crypto Assets Regulation) | Einheitliche EU-Regeln für Krypto-Dienstleister (Lizenz, Verbraucherschutz, Stablecoins) | Börsen, Verwahrer, Emittenten |
| AMLR (Anti-Money Laundering Regulation) | Maßnahmen gegen Geldwäsche & Terrorismusfinanzierung (KYC, Wallet-Prüfung, Privacy Coin-Verbot) | Banken, CASPs, Finanzdienstleister |
| DAC8 (Directive on Administrative Cooperation 8) | Steuertransparenz und automatischer Informationsaustausch zu Krypto-Transaktionen | CASPs, Steuerbehörden |
MiCAR regelt, wer als Krypto-Dienstleister gilt.
AMLR schreibt diesen Dienstleistern Prüfpflichten und Kundenidentifizierung vor.
DAC8 sorgt schließlich für den automatischen Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden.
👉 Zusammen bilden sie den Versuch der EU, Kryptowährungen stärker zu überwachen und ins klassische Finanzsystem einzubetten.
Kein Ausweiszwang für jede Bitcoin-Transaktion
Fakt ist:
Es gibt keinen generellen Ausweiszwang für jede Bitcoin-Zahlung.
Die neuen Regeln gelten nur für regulierte Dienstleister (CASPs) – also z. B. Börsen, Verwahrer oder Zahlungsanbieter, die Krypto im Auftrag anderer halten.
Wer dagegen seine eigenen Schlüssel kontrolliert (Self-Custody), ist kein CASP und fällt somit nicht unter diese Vorschriften.
Sorgfaltspflichten der Dienstleister bei Zahlungen mit Self-Custody-Wallets
Die AMLR verpflichtet Dienstleister (CASPs), bestimmte Prüfungen vorzunehmen, wenn sie Geld an oder von einer selbstverwalteten Wallet senden oder empfangen.
- Unter 1.000 €:
Eine risikobasierte Analyse reicht aus – z. B. automatisierte Blockchain-Analyse. - Über 1.000 €:
Der Dienstleister muss prüfen, ob die Wallet tatsächlich seinem Kunden gehört, etwa durch den sogenannten Satoshi-Test (eine kleine Testtransaktion).
Diese Prüfpflicht trifft ausschließlich den Dienstleister, nicht den einzelnen Zahler oder Händler.
Wenn beide Parteien Self-Custody nutzen, findet keine Prüfung statt – denn es gibt keinen regulierten Dritten, der dazu verpflichtet wäre.
Beispiel aus der Praxis: Die Pizzeria und ihre Bitcoin-Zahlungen
Stell dir vor, die Pizzeria um die Ecke akzeptiert Bitcoin.
Wie die AMLR greift, hängt davon ab, wer welche Wallet nutzt:
1. Beide Seiten nutzen Self-Custody
Der Kunde bezahlt mit seiner eigenen Wallet (z. B. Phoenix, BitBox).
Die Zahlungen landen direkt in der eigenen Wallet der Pizzeria.
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Keine Börse, kein Zahlungsdienstleister dazwischen.
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Peer-to-Peer-Zahlung im ursprünglichen Sinne.
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Keine AMLR-Prüfung, keine Datenerfassung, keine Meldepflicht.
So funktioniert Bitcoin, wie es gedacht war – dezentral, privat und ohne Mittelsmänner.
2. Kunde zahlt von einer Custody-Wallet (z. B. Börsenkonto)
Der Kunde zahlt von seinem Börsenkonto. Hier ist ein regulierter Dienstleister beteiligt – die Börse.
Sie muss laut AMLR prüfen, wohin das Geld gesendet wird.
- Unter 1.000 €: automatische Risikoanalyse.
- Über 1.000 €: zusätzliche Überprüfung möglich.
- Die Pizzeria ist nicht betroffen – die Pflicht liegt bei der Börse des Zahlers.
3. Pizzeria nutzt einen Custody-Zahlungsanbieter
In diesem Fall nutzt die Pizzeria für ihre Bitcoin-Zahlungen einen externen Zahlungsanbieter, der die Transaktionen technisch und finanziell abwickelt – etwa BitPay oder OpenNode.
Was macht so ein Custody-Zahlungsanbieter?
Ein solcher Anbieter verwahrt das Bitcoin-Guthaben im Auftrag des Händlers.
Das bedeutet:
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Die eingehenden Bitcoin-Zahlungen landen nicht direkt in der Wallet des Händlers, sondern zuerst auf einer Wallet, die vom Anbieter kontrolliert wird.
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Der Anbieter verwahrt diese Bitcoin (Custody) und kann sie bei Bedarf automatisch in Euro umtauschen.
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Anschließend schreibt er den Euro-Betrag auf das Bankkonto des Händlers gut oder hält das Bitcoin-Guthaben treuhänderisch im Namen des Händlers.
Was bedeutet das rechtlich?
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Der Zahlungsanbieter gilt als Crypto Asset Service Provider (CASP) und unterliegt vollständig der AMLR und der DAC8.
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Er muss seine Kunden (also den Händler) identifizieren (KYC) und Transaktionen prüfen und dokumentieren.
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Bei Beträgen über 1.000 € greift die Pflicht zur Wallet-Verifizierung.
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Außerdem kann der Anbieter verpflichtet sein, Transaktionsdaten an Steuerbehörden zu melden.
Was bedeutet das für den Händler?
- Die Pizzeria selbst muss keine Prüfungen durchführen.
- Allerdings arbeitet sie nicht mehr im Peer-to-Peer-Modell, sondern innerhalb eines regulierten und überwachten Systems.
- Der Händler hat keine direkte Kontrolle über die empfangenen Bitcoin, solange sie beim Zahlungsanbieter liegen.
Custody-Zahlungsanbieter wie BitPay oder OpenNode machen Bitcoin-Zahlungen bequem, führen sie aber in ein zentralisiertes, überwachtes System mit KYC- und Meldepflichten.
Wer Unabhängigkeit und Privatsphäre wahren will, sollte daher auf Self-Custody-Lösungen wie BTCPay Server oder Coinsnap setzen.
4. Beide Seiten nutzen Custody-Anbieter
Wenn der Kunde von einer Börsen-Wallet bezahlt und die Pizzeria über einen Custody-Zahlungsanbieter empfängt, sind zwei regulierte Dienstleister beteiligt.
➡ In diesem Fall müssen beide Anbieter ihre Prüfpflichten erfüllen und sich gegenseitig über Sender und Empfänger informieren – das geschieht über die sogenannte Travel Rule.
5. Händler mit Self-Custody-Zahlungsanbieter
Viele Händler nutzen heute Lösungen wie BTCPay Server oder Coinsnap in der Self-Custody-Variante, bei denen die empfangenen Bitcoin direkt in die eigene Wallet fließen.
➡ Vorteile:
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Keine Verwahrung durch Dritte → kein CASP → keine AMLR- oder DAC8-Pflicht.
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Volle Kontrolle über die eigenen Mittel.
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Datenschutzfreundlich und unabhängig.
DAC8 – Die neue Steuer-Meldepflicht für Krypto
Mit DAC8 verpflichtet die EU alle Kryptodienstleister, steuerrelevante Informationen automatisch an die Finanzbehörden zu übermitteln.
Das umfasst:
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Identitätsdaten (Name, Anschrift, Steuer-ID)
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Art, Anzahl und Wert der gehandelten Krypto-Assets
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Zeitpunkt der Transaktionen
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Kontostände zum Jahresende
Diese Daten werden zwischen den EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht, sodass nationale Steuerbehörden einen vollständigen Überblick über die Kryptoaktivitäten der Bürger erhalten.
Die Begründung: Steuerhinterziehung verhindern.
Die Realität: Das Ende der steuerlichen Privatsphäre für Krypto-Nutzer.
Die DAC8 verpflichtet nur regulierte Dienstleister (CASPs), Transaktions- und Kundendaten an die Steuerbehörden zu melden.
Self-Custody-Nutzer sind davon nicht betroffen.
Wer seine eigenen Keys hält, bleibt außerhalb der DAC8-Meldepflicht – muss aber selbstverständlich seine Einnahmen korrekt versteuern.
DAC8 in der Praxis: Die Pizzeria-Frage
Ein Leser stellte kürzlich eine sehr gute Frage:
„Hat DAC8 auch Auswirkungen auf die Pizzeria um die Ecke, die Pizzen gegen Sats verkauft? Oder auf kleine Spenden in Bitcoin?“
Nein.
Solange die Pizzeria Bitcoin direkt in ihre eigene Wallet empfängt, fällt sie nicht unter DAC8.
Nur wenn ein verwahrender Zahlungsanbieter dazwischen ist, muss dieser die Transaktionsdaten melden – nicht der Händler selbst.
Übersicht
| Szenario | Beteiligte | Wer ist verpflichtet? | AMLR-Prüfung? | DAC8-Meldung? |
|---|---|---|---|---|
| Kunde & Händler mit Self-Custody (z. B. BTCPay Server, Coinsnap | keine CASPs | niemand | ❌ Nein | ❌ Nein |
| Kunde (Custody) → Händler (Self-Custody) | 1 CASP | Anbieter des Kunden | ✅ Ja | ✅ Ja (Kundenseite) |
| Kunde (Self-Custody) → Händler (Custody-Anbieter) | 1 CASP | Zahlungsanbieter | ✅ Ja | ✅ Ja (Händlerseite) |
| Beide Custody | 2 CASPs | beide Anbieter | ✅ Ja, beidseitig | ✅ Ja, beidseitig |
Empfehlung: Setzt auf Self-Custody und Peer-to-Peer-Zahlungen
Wer Bitcoin so nutzt, wie es gedacht war, nutzt es peer-to-peer – direkt von Mensch zu Mensch, ohne Mittelsmänner, ohne Genehmigungen, ohne Zensur.
Self-Custody-Lösungen wie BTCPay Server oder Coinsnap erlauben genau das:
- vollständige Kontrolle über die eigenen Mittel,
- keine Weitergabe persönlicher Daten,
- Schutz der Privatsphäre,
- Unabhängigkeit von Banken, Börsen und staatlicher Überwachung
Fazit:
Wer seine eigenen Schlüssel hält, bleibt frei – rechtlich, technisch und finanziell.
Bitcoin funktioniert nur dann als Peer-to-Peer Electronic Cash System, wenn Zahler und Händler ihre eigene Wallet kontrollieren.
Nur so bleibt Bitcoin zukunftsfähig, zensurresistent und souverän.
Positiver Trend: Lightning-Wallets setzen auf Self-Custody
Ein erfreulicher Trend zeichnet sich bereits ab:
Immer mehr Bitcoin- und Lightning-Wallets stellen auf Self-Custody um – und folgen damit konsequent dem ursprünglichen Bitcoin-Gedanken.
So hat etwa die Wallet of Satoshi kürzlich angekündigt, ihre Dienste in regulierten Märkten einzuschränken und Nutzer dazu zu ermutigen, ihre eigenen Schlüssel zu verwalten.
Andere Wallets wie Phoenix, Zeus oder MistyBreez arbeiten schon heute vollständig non-custodial, sodass Nutzer jederzeit die volle Kontrolle über ihre Guthaben behalten.
Diese Entwicklung ist eine direkte Folge der neuen gesetzlichen Vorgaben:
Je stärker Regulierungen auf Überwachung, Meldepflicht und Kontrolle setzen, desto mehr wächst das Bewusstsein für echte Selbstverwahrung – bei Zahlern genauso wie bei Händlern.
⚡ Self-Custody-Wallets sind damit nicht nur ein technischer Fortschritt, sondern auch eine Antwort auf übermäßige Regulierung.
Sie stärken die Privatsphäre, fördern finanzielle Souveränität und machen Bitcoin-Zahlungen wieder zu dem, was sie sein sollen:
ein freies, dezentrales und grenzenloses Zahlungsmittel.


